21 August 2007

ostPunk- born in GDR

too much future

Allein der Titel ist schon mal super!
Was machen, wenn die Zukunft schon komplett vorgeplant ist?


Der gleichnamige Dokumentarfilm als Teil einer Reihe von Veranstaltungen, Umtrieben und Publikationen, welche die Punk-Bewegung in der DDR dokumentieren und kritisch reflektieren sollen,
handelt von sechs ehemaliger Punks aus Berlin, Leipzig und Dresden.

Die „Punker“ werden an Ihren jetzigen Arbeitsstätten oder Wohnungen interviewt. Dazu gibt es vieles altes Filmmaterial von Auftritten und Fotos aus der aktiven Zeit im Osten.
Dabei erzählen sie über den Beginn ihres Punk-Seins, ihren Erlebnissen damals und auch verschiedene Rituale und Begriffe der Ost-Punk-Szene.
Die Filmemacher haben dabei eine eigene Filmästhetik geschaffen, die den Punk nicht nur politisch sieht.

"Die Auseinandersetzung mit Punk findet daher auch stilistisch statt und war für uns von der Mitteilungsebene des Films nicht zu trennen. Punk an sich war in seinen intensivsten Momenten eine Zumutung und in der Synthese aus Aufklärung und Irritation lag unsere Intention, überhaupt einen Film über Punks in der DDR zu machen. "

Der Materialmix aus verschiedenen Formaten und Medien war dabei Absicht und ist oft wie ein Pop-Video anzusehen, was durchaus auf Dauer auch nerven kann.
Der Clipcharakter vieler Filmsequenzen beruht aber auch auf deren Synchronisation mit einst illegalen Aufnahmen von DDR-Punkbands.

Sehr nachdenklich stimmt der Film, wenn alle von ihren Knast- Erfahrungen sprechen.
Alle Beteiligten waren noch sehr jung und trotz der etwas cooleren Art der Männer über den Knast zu sprechen, war klar, dass alle da viele Feder gelassen haben. Nach dem Knast war die Bereitwilligkeit in der DDR zu bleiben bei eigentlich allen mehr oder weniger gebrochen.

Das ist auch das eigentlich spannende an dem Film über eine Jugendkultur, die es offiziell nicht geben durfte, die sich aber immer mehr in den Vordergrund drängte und mehr und mehr andere Jugendliche faszinierte.
Die Motivation sich aus dem vorgekochten Lebensbrei zu befreien und einfach alles selbst bestimmen zu wollen, ist gut nachvollziehbar. Das der vormundschaftliche Staat damit nicht umgehen konnte ebenso.

Freie Ausdruckskunst war die kreative Reaktion der Jugend und die harte Gewalt die Antwort der Staatsmacht. In den letzten Jahren der DDR drängten immer mehr Anhänger in die Klubs und Kirchen um Punkmusik zu hören und selbst welche zu machen, zunehmend unübersichtlich wurde die Situation, nachdem der Rest der Bevölkerung auch zunehmend das Weite suchte, war der Staat am Ende. Und die Punkbewegung lebt, wenn auch zunehmend unpolitischer, aus mangelndem Feindbild und auch durchaus täglichem Überlebenskampf.

Die Potagonisten von damals sind noch zu einer Zeit im Westen gelandet, als die „Ossis“ noch etwas Besonderes waren und konnten sich meist gut etablieren, hier gut im künstlerischen Bereich. Wie wir wissen, sind viele auch durchaus in die rechtsextreme Ecke gedriftet oder zu den Rocker- Banden.
Einige wiederum sind weich in neuen „deutschen“ Bands gelandet, wo man lange nicht wusste- rechts oder links?! (Deutsch-Metall ist hier neuer Begriff geworden)

(Foto: Macher M. Boehlke vorher und nachher)

Ein wichtiger Baustein der Entstehung des Film war die gleichnamige Ausstellung 2005, die bereits bei der Ausstellungseröffnung in den drei Etagen einer alten Fabrik in der Saarbrückerstrasse ca. 2500 Gäste faszinierte, und mit einem Konzert der alten Bands begleitet wurde. Die Menschenmassen waren erdrückend, aber ich konnte viele bekannte Gesichter entdecken und die Stimmung hatte was von Familienfeier, die Bands auf den gleichen musikalischem Niveau wie damals zu erleben, hatte auch was unglaublich Rührendes...

Es war toll und alle sahen auch schon wieder so alt aus...
Aber wieder zu den politischen Motiven:

„Die Inszenierung der DDR-Punkszene, also die Präsentation ihrer Hinterlassenschaften, ihrer zehnjährigen Entwicklung, aber auch ihrer Mutationen in andere Welten, machte öffentlich, was Subkultur im Osten war und was bis 15 Jahre nach ihrem Verschwinden Underground blieb.
Dennoch übertraf die Resonanz auf die Ausstellung alle unsere Erwartungen. ostPunk! / too much future erzeugte ein großes Echo, auch über Berliner Grenzen hinaus.

Die Ausstellung dokumentierte zunächst einmal die bizarre Seite der Punkszene und deren Willen zur Selbstbestimmung und erst dann die einsetzende Verfolgung durch die Staatsmacht als logische Konsequenz.

Wir wollten diese Verfolgung als Reaktion auf das Entstehen und die zehnjährige Entwicklung einer virulenten Szene behandeln, die nicht in Abhängigkeit von den Repressionen der Staatssicherheit porträtiert und verstanden werden kann, sondern zunächst einmal dadurch, dass sie sich Freiheiten nahm, die bis dahin in der DDR undenkbar waren.
Insofern stellte die Ausstellung nicht den Anlaß dar, 16 Jahre nach ihrem Zusammenbruch mit der DDR abzurechnen.
Sie ließ die Geschichte für sich sprechen, die von selbst auf ein Disziplinarregime verweist, und widmete sich dem Versuch junger Leute, sich in Grenzen frei zu bewegen.“

„Was die Punkszene angeht, fand dieser Versuch der Selbstbestimmung und Selbstinszenierung zuallererst in der Musik statt. Ohne Aussicht auf ein größeres Publikum, dafür aber mit der Gewißheit ihrer Verfolgung, gründete sich eine Vielzahl von Bands.
Mit geladenen Songs und äußerst politischen Texten fegten sie die staatlich sanktionierten Ostrockballaden einfach zurück in die Propagandakanäle und etablierten gegen alle Widerstände eine Parallelszene, die dem Staatsrock nicht nur Verachtung, sondern auch eine äußerst vergnügte Ignoranz entgegensetzte.
Nur wenige von ihnen traten aus der Illegalität der Keller überhaupt heraus und vor einem Publikum auf. Die seltenen Konzerte fanden zumeist in heillos überfüllten Ateliers von der Szene nahestehenden Malern oder auf dem quasi exterritorialen Gebiet von Kirchenräumen statt, vor entzückten Punks und einer nicht selten überforderten Gemeinde. Etliche Musiker dieser Bands wurden anschließend durch die Staatssicherheit observiert, drangsaliert und inhaftiert.“

Neue Visionen
Noch etwas zum Filmverleih dieses Films: NEUE VISIONEN.
Der Independent Filmverleih besteht seit 1997 und verschreibt sich im Besonderen der Filmkunst (Z.B. Jean-Luc Godard, Die Totale Therapie und England!).
Gegründet von Wulf Sörgel und Torsten Frehse, die bereits vorher zusammen im Lichtblick Kino in der Kastanienallee 77 gearbeitet haben.

In den letzten Jahren wurden zehn Filme gestartet. Unter anderem Publikumsrenner wie Verrückt nach Paris, Nói Albinói und Wilde Bienen. Mit Dokumentarfilmen wie Starbuck Holger Meins, Große Freiheit – kleine Freiheit, Testamento und Filme wie Die Ritterinnen wurde versucht, die jüngste politische Vergangenheit zu thematisieren, aber auch Wiederaufführungen im Kino z.B. von Casablanca gelingen erfolgreich.

Besonderes Interesse gilt der Europäische Filmkunst, sozialkritischen Filmen, osteuropäischen Filmen, engagierten Dokumentarfilmen, Jungem deutschsprachigem Kino, alternativen Lebenswelten, Filme von Frauen, afrikanischem Kino.

„Der rote Elvis“

Aktuell ist auch der Dokumentarfilm über Dean Reed „ Der rote Elvis“ im Programm der beiden und diesen habe ich auch vor 3 Wochen sehen dürfen.

Eine komplett andere Geschichte,
Dean Reed war der Cowboy im Osten, der Mann, den es aus den Vereinigten Staaten in die Deutsche Demokratische Republik zog.
Der tragische Selbstmord des ehemaligen Protestsong- Sängers zeugt meiner Meinung nach von der Zerrissenheit, die sich zwischen diesen Systemen in Reed einstellte.
Nach einer privilegierten Weile im Weichen Schoss von Honecker fielen ihm scheinbar doch die Unterschiede zwischen Parteihöheren und Volk auf.
Dazu kamen private Probleme und die Anfeindung seiner Person in den USA, als Vaterlandsverräter war er dort nicht mehr gelitten.
Jedenfalls nahm mich als Minderjährige die Geschichte schon so mit, daß ich von seinem Selbstmord träumte und mit ihm sehr real in den See mit hinein sank, allerdings mit Auto in meinem Traum.

Naja, heute wird er wiederbelebt und eine Band namens Monomango nahm sich der Reed`schen Vorlage an und produzierten den Soundtrack: Revolucionarios. (u.a. Olivier Fröhlich und Jan Weber)
Die Record Release Party findet übrigends in der Kulturbrauerei im NBI am 24. August statt.


eshalb schreibe ich darüber so ausführlich, weil es mir wichtig ist, Indepent- Filme zu unterstützen,
Schreibt doch auch Ihr alle mal über die Independent-Filme, ohne die Eure Welt ein bisschen ärmer wäre!!

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